Es ist seltsam, wie wir uns selbst Geschichten erzählen, die wir so lange glauben, bis das Leben uns zwingt, sie neu zu schreiben. Für einen Großteil meines Lebens war ich fest davon überzeugt, dass Glück und Zufriedenheit in greifbaren Dingen zu finden sind: Geld, Status, Anerkennung, und ja, auch in meinem äußeren Erscheinungsbild. Doch dieser Glaube war ein Trugschluss, ein Pflaster auf Wunden, die viel tiefer lagen, als ich es mir eingestehen wollte.
Die Suche nach Sicherheit in der materiellen Welt
Als Sohn einer alleinerziehenden Mutter, die mit wenig Geld auskommen musste, lernte ich früh, wie wertvoll finanzielle Sicherheit ist. Geld war für mich mehr als nur ein Zahlungsmittel – es war gleichbedeutend mit Stabilität, Schutz und Kontrolle. In meiner Kindheit war Geld knapp, und diese Knappheit hat sich tief in meine Psyche eingebrannt. Es war, als ob mein inneres Kind sich geschworen hätte: „Wenn ich erwachsen bin, werde ich dafür sorgen, dass ich nie wieder Mangel erleiden muss.“
Dieser Schwur führte dazu, dass ich mich voll und ganz auf die materielle Welt konzentrierte. Mein beruflicher Erfolg, mein Kontostand und die Dinge, die ich mir leisten konnte, wurden zu den Maßstäben, an denen ich meinen Wert als Mensch maß. In meiner Welt war finanzieller Erfolg gleichbedeutend mit persönlichem Erfolg. Es fühlte sich an, als würde ich mit jedem verdienten Euro eine unsichtbare Sicherheitslücke schließen, die seit meiner Kindheit in mir klaffte.
Doch Sicherheit war nicht das Einzige, wonach ich suchte. Es gab noch einen anderen Aspekt, den ich über die Jahre zu perfektionieren versuchte: mein äußeres Erscheinungsbild.
Der äußere Schein: Stärke und Kontrolle
Die Trennung meiner Eltern hatte mich früh in die Rolle des „Mannes im Haus“ gedrängt. Ohne gefragt zu werden, hatte ich die Verantwortung übernommen, die Leere zu füllen, die mein Vater hinterlassen hatte. Doch als Junge, der selbst noch Halt suchte, fühlte ich mich dieser Aufgabe oft nicht gewachsen. Ich kompensierte dieses Gefühl der Unsicherheit, indem ich nach außen Stärke demonstrierte – eine Stärke, die ich selbst nicht immer fühlte.
Mein Körper wurde zu einem Symbol dieser Stärke. Ich trainierte hart, achtete auf mein Äußeres und bemühte mich, ein Bild von Sicherheit und Kontrolle zu vermitteln. Für die Außenwelt wollte ich jemand sein, der alles im Griff hatte. Doch innerlich fühlte ich oft genau das Gegenteil: verletzlich und unsicher.
Diese Diskrepanz zwischen meinem äußeren Schein und meinem inneren Zustand war etwas, das ich lange ignorierte. Es war leichter, sich in den Spiegel zu schauen und das Bild eines „starken Mannes“ zu sehen, als sich mit den tieferen, unangenehmeren Gefühlen auseinanderzusetzen, die darunter lagen.
Die Illusion des Glücks
Ich glaubte, dass die richtigen Dinge – Geld, Autos, Anerkennung – mich glücklich machen könnten. Und um ehrlich zu sein, eine Zeit lang fühlte es sich auch so an. Ich genoss den Komfort, den finanzieller Erfolg mit sich brachte. Ich genoss die Blicke und die Bewunderung, die mein äußeres Erscheinungsbild auf sich zog. Und ich genoss den Nervenkitzel…
Auch den Nervenkitzel von schnellen Autos. Eines meiner liebsten aus dieser Zeit war eine „Cobra“ – noch heute würde ich sagen, dass es ein wirklich wunderschönes Auto war und ist. Doch das Problem war nicht das Auto, sondern meine Motivation, es zu kaufen. Ich wollte nicht nur einen Sportwagen – ich wollte ein Lebensgefühl. Ich stellte mir vor, wie es wäre, mit offenem Verdeck durch die Straßen zu fahren, die Sonne im Gesicht, den Wind in den Haaren.. (ja ich hatte mal Haare 😄 ), und ein Gefühl von Leichtigkeit und Unbeschwertheit zu spüren.
Doch so oft ich auch durch die Straßen fuhr, das Gefühl, nach dem ich suchte, stellte sich nicht ein. Es war, als ob das Auto nur ein weiteres Pflaster war, das nicht wirklich hielt.
Das schwarze Loch
Was ich zu dieser Zeit nicht verstand, war, dass ich versuchte, innere Leere mit äußeren Dingen zu füllen. Egal, was ich in dieses „schwarze Loch“ warf – Geld, Statussymbole, Komplimente –, es verschwand.. Und wie es schwarze Löcher so an sich haben, wurden dieses Loch und die Leere die es mit sich trug mit der Zeit immer größer.
Es war ein Teufelskreis: Je mehr ich versuchte, diese Leere zu füllen, desto größer wurde sie. Je mehr ich mich bemühte, glücklich zu sein, desto weiter entfernte ich mich von dem, was Glück wirklich bedeutet.
Ich sagte mir immer wieder, dass ich glücklich sei. Schließlich hatte ich doch alles, was ich mir immer gewünscht hatte. Doch tief in mir wusste ich, dass das nicht stimmte. Ich war auf der Suche nach etwas, das ich mit all den äußeren Dingen niemals finden würde.
Der Wendepunkt
Die Einsicht, dass mein Leben nicht in die Richtung ging, die ich mir tief im Inneren wünschte, kam nicht langsam oder schleichend – sie traf mich wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Es war vor etwa 13 Jahren, als ich ein Buch in die Hände bekam, das mein gesamtes Leben verändern sollte.
Bis heute erinnere ich mich genau an den Moment, als ich die ersten Seiten las. Es fühlte sich an, als würde jemand einen Spiegel vor meine Seele halten und mir all die Dinge zeigen, die ich so lange verdrängt hatte….
Es war das kleine, unscheinbare Werk „Mit Buddha das Leben meistern“. Damals dachte ich, es sei „cool“ und „hip“, ein wenig buddhistisch zu sein – ein Accessoire für mein Image, das gut zu meiner äußeren Fassade passte. Heute blicke ich mit einem wohlwollenden Schmunzeln auf mein jüngeres Ich zurück, das keine Ahnung hatte, was dieses Buch in Bewegung setzen würde.
Die Entdeckung einer inneren Welt
Schon nach den ersten Seiten spürte ich, dass ich etwas Besonderes in den Händen hielt. Es war, als ob jemand direkt zu mir sprach und mir eine Welt zeigte, die ich 30 Jahre lang ignoriert hatte – eine Welt in mir.
Diese Erkenntnis traf mich mit voller Wucht.
Plötzlich wurde mir bewusst, dass mein Leben, das ich bis dahin so sehr auf äußere Erfolge und materielle Dinge ausgerichtet hatte, nur die Hälfte der Wahrheit war.
Es fühlte sich an, als hätte jemand einen Schleier gelüftet und meine Welt mindestens verdoppelt. Doch diese neue Dimension war nicht in meinem Kontostand, meinen Besitztümern oder meinem äußeren Erscheinungsbild zu finden. Sie war in mir selbst – ein Raum voller Fragen, Möglichkeiten und einer tiefen Sehnsucht nach etwas, das ich noch nicht ganz greifen konnte.
So erfolgreich ich mich in der materiellen Welt gefühlt hatte, so demütigend war die Erkenntnis, dass ich im spirituellen Bereich bei null begann. Doch anstatt mich zu entmutigen, weckte das in mir eine ungeheure Neugier.
Eine Reise der Transformation
Ich begann zu lesen – nicht nur dieses eine Buch, sondern viele weitere, die mich immer tiefer in die Welt der Spiritualität eintauchen ließen. Begriffe wie Achtsamkeit, Meditation und innerer Frieden wurden zu neuen Wegweisern.
Ich begann zu meditieren, anfangs unsicher und unregelmäßig, doch mit der Zeit wurde es zu einer festen Praxis. Durch meine wunderbare Frau fand ich zu einer regelmäßigen Yoga – Praxis und wir besuchten gemeinsam unser erstes Retreat auf Ibiza was uns beide sehr geprägt hat.
Ein weiterer Meilenstein auf meiner Reise war die Begegnung mit der Pflanzenmedizin.
Ayahuasca, Magic Mushrooms, 5-MeO-DMT und Huachuma führten mich auf eine tiefgreifende, oft herausfordernde Reise zu mir selbst. Jede Erfahrung war wie das Abstreifen einer alten Haut, die mir nicht mehr passte. Schicht für Schicht legte ich die Illusionen und Muster ab, die mich so lange definiert hatten, und kam meinem wahren Kern immer näher.
Diese Prozesse waren nicht immer leicht. Oft fühlte es sich an, als würde ich durch dunkle Täler wandern, um schließlich das Licht zu finden. Doch mit jeder Erkenntnis wurde ich freier, authentischer und mehr ich selbst.
Die größten Lehrmeister: Unsere Kinder
Einen weiteren, unerwarteten Spiegel hielt mir das Leben in Form unserer beiden Kinder vor. Hannah und Lena wurden zu meinen größten Lehrmeistern. Kinder haben die einzigartige Fähigkeit, dir unbarmherzig vor Augen zu führen, wo du noch nicht frei bist. Sie spiegeln deine Ängste, deine Ungeduld und deine Unzulänglichkeiten, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen.
Doch gerade in diesen Momenten liegt ein enormes Potenzial für Wachstum. Meine Kinder zeigten mir, was wirklich im Leben zählt: Liebe, Präsenz und Authentizität. Sie erinnerten mich daran, dass es nicht darum geht, perfekt zu sein, sondern darum, ehrlich zu sich selbst und zu anderen zu stehen.
Breathwork: Die Arbeit, die mich erfüllt
Vor etwa drei Jahren stieß ich schließlich auf Breathwork – eine Praxis, die mein Leben auf eine Weise veränderte, wie ich es nie für möglich gehalten hätte. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, eine Arbeit gefunden zu haben, die nicht nur andere Menschen berührt, sondern auch mich selbst nährt.
Im Gegensatz zu meinem „normalen“ Beruf, der oft Energie kostete, gibt mir diese besondere Arbeit mit Menschen Energie. Es erfüllt mich zutiefst, andere auf ihrem persönlichen Weg zu begleiten, ihnen zu helfen, ihre eigenen inneren Welten zu entdecken und Heilung zu finden.
Was wirklich zählt
Heute weiß ich, dass wahres Glück nicht in äußeren Dingen zu finden ist. Es ist nicht das Auto, das Haus oder die Anerkennung anderer, die uns erfüllt. Es ist die Verbindung zu uns selbst, zu unseren Mitmenschen und zur Welt um uns herum. Es ist die Fähigkeit, im Moment zu sein, Dankbarkeit zu empfinden und die Schönheit des Lebens in seiner Einfachheit zu erkennen.
Meine Reise wird zumindest während meiner Lebzeit nicht enden, aber sie hat mir eines gezeigt: Das Leben ist kein Ziel, sondern ein Weg. Und auf diesem Weg zählt nicht, was wir besitzen, sondern wer wir sind und wie wir lieben.
Diese Reise hat mich verändert – und sie geht weiter. Vielleicht ist es gerade das, was Spiritualität ausmacht: Sie ist keine Lösung, sondern ein immerwährender Prozess des Wachsens, Lernens und Entdecken.
1 Kommentar
Eddy
Verfasst am 13:52h, 23 JanuarHi Alex, super von dir geschrieben und so echt.
Erkenne einiges wieder aus meinem Leben und werde mir mal das Buch zulegen.
Danke dafür und auch für letztes. War ne super Erfahrung und gerne mehr so und so ähnlich demnächst wenn du magst.
Fühle, bist nen super Mensch.
Grüße Eddy