Warum ich es mag Briefe zu schreiben

 
In einer Welt, die immer digitaler wird, ist der Gedanke, einen Brief zu schreiben, fast schon nostalgisch. Wir verschicken E-Mails, Textnachrichten oder Voice-Memos, die blitzschnell ankommen und ebenso schnell wieder vergessen werden. Aber warum haben Briefe – handgeschriebene, echte Briefe – dennoch eine ganz besondere Magie? Und warum fühlet es sich so schön, sie zu schreiben?
 
Wenn ich einen Brief schreibe, zwingt mich das automatisch, innezuhalten. Ich wähle meine Worte bewusster, weil sie nicht einfach mit einem Klick gelöscht oder editiert werden können. Das Schreiben eines Briefes entschleunigt mich und bringt mich zur Ruhe. Es gibt meinen Gedanken Raum, und ich kann mich auf das Wesentliche konzentrieren. In einer Welt voller Hektik und Schnelllebigkeit fühlt sich das fast wie eine kleine Pause an – eine Auszeit für mich selbst und auch für den Empfänger.

 

Ein Brief ist etwas sehr Persönliches. Deine Handschrift, die kleinen Fehler, die du machst, die Tinte, die vielleicht mal verwischt – all das gibt dem Schreiben eine menschliche Note. Ein Brief fühlt sich so an, als hättest du wirklich ein Stück von dir selbst geschickt. Und das ist etwas, was eine E-Mail oder ein kurzer Text nicht transportieren kann.
Stell dir vor, du öffnest einen Briefumschlag und hältst ein Stück Papier in den Händen, das jemand extra für dich beschrieben hat. Das fühlt sich an, als ob die Worte wirklich nur für dich bestimmt sind – und das sind sie auch. Briefe schaffen Nähe und verbinden auf einer ganz tiefen Ebene.
 
Ich schreibe z.B. meinen Töchtern und meiner Frau wenigstens ein Mal im Jahr einen längeren emotionalen Brief – und diese Briefe bewirken oft eine wirkliche magische Reaktion sowohl in mir als auch bei meinen Kindern oder meiner Frau. Fast immer fließen dabei Freudentränen 🙂
Außerdem hoffe ich, dass diese Briefe meinen Liebsten später ein Mal als Erinnerung dienen können.
 
Wie oft scrollst du durch alte Nachrichten auf deinem Handy? Wahrscheinlich selten bis gar nicht. Briefe hingegen bewahrst Du auf, in einer Kiste oder in einer Schublade. Sie altern mit dir, sammeln Eselsohren, vielleicht ein paar Flecken, und werden zu greifbaren Erinnerungen an bestimmte Momente im Leben. Briefe sind wie kleine Zeitkapseln, die du Jahre später wieder öffnen kannst, um dich an einen bestimmten Menschen oder eine bestimmte Zeit zu erinnern. Sie haben Bestand und geben Dir das Gefühl, dass die Worte darin wertvoll sind.
 
Dabei ist ein Brief mehr als nur Worte auf Papier. Es ist die Zeit, die du dir genommen hast, um ihn zu schreiben, das Papier, das du ausgewählt hast, vielleicht die Gedanken, die du dir gemacht hast, um den perfekten Anfang zu finden. All das zeigt, wie sehr dir die Person am Herzen liegt. Einen Brief zu schreiben, ist eine bewusste Entscheidung, jemandem deine Zeit und Aufmerksamkeit zu schenken – und das wird nach meiner Erfahrung immer wertgeschätzt.
 
Während ich Briefe schreibe reflektiere ich automatisch sehr intensiv über das Verhältnis was ich zum Empfänger des Briefes habe. Manchmal entdecke ich dadurch ungeahnte Facetten oder Gefühle, die mir vorher verborgen geblieben sind. Aber nicht nur bei mir führt das Schreiben von Briefen gelegentlich zu Überraschungen.
 
Wann hast du das letzte Mal einen echten Brief im Briefkasten gefunden, der kein Rechnungsumschlag oder Werbung war? Eben. Genau deswegen ist es heute etwas so Besonderes, wenn man einen handgeschriebenen Brief bekommt. Es ist wie ein kleines Geschenk, das man nicht erwartet hat, und es zaubert sofort ein Lächeln auf das Gesicht. Der Überraschungsmoment, wenn du einen Umschlag öffnest, den jemand mit Bedacht und Liebe für dich gefüllt hat, ist unbezahlbar.

 

Briefe zu schreiben, mag also zwar altmodisch erscheinen, aber genau darin liegt ihre Schönheit. Sie bieten Dir und mir eine Möglichkeit, innezuhalten, uns auszudrücken und jemand anderem das Gefühl zu geben, besonders zu sein. Sie sind ein Geschenk – sowohl für den, der schreibt, als auch für den, der liest.
In einer Zeit, in der alles so schnell geht, erinnert mich ein Brief daran, dass es manchmal die kleinen, langsamen Dinge sind, die mir am meisten bedeuten.
 
Also schnapp dir doch mal wieder einen Stift und schreib einen Brief – du wirst sehen, wie gut es sich anfühlt. 🤩
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